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Bewertungspraxis bei der Vorprüfung

© Nico Riffel

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Die Vorprüfung hat in ihrer Ausgestaltung als Multiple-Choice-Aufgabe einige Besonderheiten, auf die ich hier eingehen will.

Gleich zu Beginn will ich nochmals einen großen Unterschied zwischen Vor- und Hauptprüfung erwähnen: Bei der Vorprüfung musst Du 70 von 100 Punkten erreichen um sie zu bestehen, während bei den Teilen der Hauptprüfung 50 Punkte (in Ausnahmefällen sogar 45 Punkte) ausreichen.

Wie erreicht man nun diese Punkte?

Wie Du inzwischen schon weißt, teilt sich die Vorprüfung in insgesamt 20 Fragen auf, die wiederum in 10 Rechtsfragen und 10 Fragen zum Thema Anspruchsgestaltung aufgeteilt sind.

Jede Frage ist jeweils in vier einzelne Aussagen unterteilt, bei denen es darum geht richtige und falsche Aussagen zu erkennen und entsprechend zu bewerten.

Die Punkte werden nun wie folgt vergeben:

  • Bei keiner oder einer richtigen Bewertung einer Aussage (innerhalb einer Frage): 0 Punkte
  • Bei zwei richtigen Bewertungen einer Aussage: 1 Punkt
  • Bei drei richtigen Bewertungen: 3 Punkte
  • Bei einer richtigen Bewertung aller vier Aussagen: 5 Punkte

Das heißt also, dass es nicht ausreicht immer nur drei von vier Bewertungen richtig zu haben, da dies nur 60 Punkte einbringen würde. Erst wenn man mindestens 5 Fragen vollständig richtig und die anderen 15 mit mindesten drei von vier richtigen Bewertungen beantwortet hat, erreicht man die notwendigen 70 Punkte.

Das bedeutet auch, dass man, wenn man eine Frage nicht oder völlig falsch beantwortet hat, schon ganze 5 Punkte verloren hat, die man nur mühsam wieder mittels der anderen Fragen ausgleichen kann. Ein Fehler, den man sich nicht allzu oft in der Prüfung leisten kann.

Beim Ausfüllen des Antwortblattes ist es wichtig, die Vorgaben der Prüfungskommission unbedingt einzuhalten:

  • Für jede Aussage  kann nur eine Antwort gegeben werden, entweder wahr oder falsch. Innerhalb einer Frage ist jede Aussage für sich und unabhängig von den anderen Aussagen zu beurteilen.
  • Wird eine Aussage weder als wahr noch als falsch oder aber als wahr und als falsch bezeichnet, so gilt dies nicht als korrekte Antwort und gibt (natürlich) keine Punkte. Dies bedeutet also, dass Du im Zweifelsfall lieber raten solltest bevor Du eine „leere“ Antwort abgibst. Auf diese Weise besteht immerhin eine 50:50-Chance 1-2 Punkte mehr zu sammeln (1 statt 0; 3 statt 1; oder gar 5 statt 3).
  • Um eine Aussage als wahr zu bezeichnen, ist der entsprechende Kreis für „wahr“ mit einem schwarzen mittelweichen HB Bleistift auszufüllen. Um eine Aussage als falsch zu bezeichnen, ist der entsprechende Kreis für „falsch“ mit einem schwarzen mittelweichen HB Bleistift auszufüllen.
  • Füllt ein Bewerber einen Kreis versehentlich ganz oder teilweise aus, so müssen die
    Markierungen in diesem Kreis unbedingt vollständig entfernt werden.
  • Es ist nicht möglich, Hinweise oder Bemerkungen an den Prüfer zu richten. Etwaige Angaben dieser Art werden nicht berücksichtigt.
Vorprüfung

Quelle: EPA-Seite (http://www.epo.org/learning-events/eqe/compendium/preexamination_de.html)

Wenn Du eine Aussage noch nicht bewerten willst, solltest Du die jeweilige Aussage mit Post-it-Streifen markieren, die Du nicht schon bearbeitet hast. So siehst Du genau welche Frage noch zu beantworten ist. Am Ende entfernst Du natürlich diese Streifen wieder.

Ungefähr so:

Des Weiteren solltest Du Dir natürlich für die Prüfung ein gutes Zeitmanagement zurecht legen.

Du hast vier Stunden für die gesamte Prüfung zur Verfügung, also durchschnittlich 12 Minuten pro Frage.

Allerdings halte ich den Zeitaufwand für die 10 Fragen des zweiten Teils für größer, als für die Fragen des ersten Teils. Daher würde ich an Deiner Stelle eher ca. 8 Minuten für die ersten zehn Fragen und ca. 14 Minuten für die zweite Hälfte einplanen. Außerdem würde ich ca. 10 Minuten für die Dokumente einplanen, die Du im Rahmen von Teil 2 ausgeteilt bekommst (Anmeldetext, Anspruchssätze und SdT-Dokumente).

Die letzten 5-10 Minuten solltest Du dann als Reserve für die Fragen, die Du am Ende noch nicht vollständig beantwortet hast, bzw. für den Abschlusscheck verwenden.

Nächster Beitrag:

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Die richtige Vorbereitung auf die Vorprüfung

Think-Positive

© Nico Riffel

Nachdem ich Dir schon die Grundlagen erklärt habe, wollen wir uns die Vorprüfung nun noch ein wenig detaillierter ansehen.

Die Vorprüfung ist in zwei Teile aufgeteilt: Rechtsfragen und Anspruchs-Analyse.

Teil 1: Rechtsfragen

In diesem Teil geht es – wie der Titel schon sagt – um das Lösen von Rechtsfragen.

Du solltest Dich daher bei der Vorbereitung auf den ersten Teil der Vorprüfung mit folgenden Themenkomplexen auseinandersetzen:

  • Rechtsfragen früh üben (alte Vorprüfungen, DI-Prüfungen, DeltaPatents, Fragen für die Kaffeepause vom EPA, etc.)
  • Erstellen einer Liste mit G-Entscheidungen (und anderen wichtigen T- und J-Entscheidungen)
  • Amtsblätter der letzten Jahre lesen
  • Studium der Richtlinien für Anmelder, Prüfungsrichtlinien, PCT-Newsletter, Durchführungsvorschriften zum EPÜ, Nationales Recht, „Case-law“-Buch
  • Studium des EPÜ und PCT (am besten mit einem guten Kommentar)
  • Durchführung der Vorprüfung unter „Realbedingungen“ (keine Ablenkung, 4 Stunden, keine unerlaubten Hilfsmittel)
  • Erstellen von Checklisten, Mindmaps oder anderen Zusammenfassungen für immer wiederkehrende Konzepte, wie z.B. Fristenberechnung, Gebühren, Wiedereinsetzung und Weiterbehandlung, etc. (hier sei auch auf die guten Mindmaps im Kley-Kommentar verwiesen)
  • EPÜ-Übergangsvorschriften
  • Auseinandersetzung mit den Verwaltungsvorschriften des EPA
  • Kosten und Fristen für PCT oder EPÜ-Anmeldungen
  • Studium der wichtigsten Formulare des EPA

Wenn Du zur Vorbereitung auf die Rechtsfragen die alten Vorprüfungen zu Rate ziehst, dann solltest Du nicht nur die Fragen (unter Realbedingungen) beantworten, sondern auch versuchen allgemeine Strukturen und wiederkehrende Themen zu identifizieren.

Wenn man die alten Prüfungen mit „offenen Augen“ analysiert, erkennt man, dass folgende Themen immer wiederkehren:

  • Übersetzungserfordernisse, Korrektur falscher Übersetzung
  • Inanspruchnahme von Prioritäten (Prioritätsfrist, Prioritätserklärung, etc.)
  • Voraussetzung für die Zuerkennung eines internationalen Anmeldedatums
  • Fragen rund um die Recherche
  • Konzepte der Neuheit, SdT und erfinderische Tätigkeit
  • Teilanmeldungen
  • Gebühren (z.B. für zusätzliche Ansprüche, zusätzliche Seiten, Jahresgebühren, etc.)
  • Einspruch, Beschwerde
  • Verfahrenssprache
  • Weiterbehandlung und Wiedereinsetzung
  • Fristenberechnung
  • Vertretung vor dem EPA

Möglicherweise ist zur Vorbereitung in diesem Zusammenhang auch der „Pre-examination online training course“ des EPA hilfreich (350 €, Achtung! Registrierungsfristen beachten!). Ich habe allerdings keine Erfahrung mit diesem Kurs.

Geeignete Literatur zur Bearbeitung dieser Themen kann man hier finden.

Teil 2: Anspruchsanalyse

Im Gegensatz zu Teil 1 musst Du bei Teil 2 die Lösungen in der Prüfung anhand von mehreren Dokumenten selbst „entwickeln“.

Du erhältst für Teil 2:

  • eine „Beschreibung der europäischen Patentanmeldung des Mandanten“ (inkl. zugehöriger Abbildungen)
  • vier „Stand der Technik“-Dokumente (inkl. zugehöriger Abbildungen) und
  • zwei bis drei Anspruchssätze.

Du erkennst allein an dieser Aufzählung, dass das relativ viel „Material“ ist, welches zu verdauen ist. Deshalb solltest Du ca. 20-30 Minuten zum Durchlesen dieser Dokumente einplanen.

Allerdings darfst Du Dich von der Fülle an Informationen nicht in die Irre führen lassen. Beim Durchlesen der Dokumente solltest Du Dich vor allem darauf konzentrieren, den allgemeinen Hintergrund zu verstehen und Dich (noch) nicht zu sehr durch die Details verwirren lassen.

Allerdings empfehle ich Dir etwaige Abbildungen zu beschriften. Dazu schreibst Du zu jedem Bezugszeichen das zugehörige Merkmal. Es ist auch sinnvoll die Fundstelle der Merkmalsbeschreibung ebenfalls in der Abbildung zu vermerken.

Ungefähr so:

Dies erlaubt es Dir später in der Prüfung schneller die Abbildung mit den Ansprüchen oder der Offenbarung in den Texten vergleichen zu können.

Wenn Du die Dokumente in dieser Weise durchgearbeitet hast, dann wendest Du Dich der eigentlichen Beantwortung der Fragen zu. Die Fragen, bzw. die dortigen Aussagen (statements) führen Dich dann detaillierter durch die Menge der Informationen.

Grundsätzlich kannst Du folgende Themengebiete erwarten, die in Teil 2 abgefragt werden:

  • Schutzbereich-Analyse und -Vergleich mit Ausführungsformen
  • Aufgabe-Lösungs-Ansatz: Nächsliegender SdT, Naheliegen, Objektives Problem
  • Anspruchskategorien
  • Freedom-to-Operate Analysen
  • Klarheit
  • (un)zulässige Erweiterung

Viele der Punkte wirst Du schon im Rahmen der Vorbereitung auf Teil 1 lernen, dennoch hilft es natürlich auch hier alte Vorprüfungen unter Realbedingungen zu lösen.

Du kannst auch gerne mein Schulungs-Video zu diesem Thema ansehen:

Viel Erfolg!

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