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Der D-Teil der EQE prüft vor allem die Kenntnisse des europäischen Patentrechts und einschlägiger „Case-Law“.

Was uns Schlüsselworte verraten…

In eigentlich jedem Prüfungsteil werden Schlüsselworte oder -bemerkungen verwendet, die als klare Hinweise auf bestimmte Sachverhalte und Lösungsstrategien zu werten sind. Wer als Prüfling ein Gespür für diese Schlüsselworte entwickelt, kann die richtigen Schwerpunkte bei der Beantwortung der Aufgabe setzen.

Grundlagen

Ein wichtiges Merkmal aller EQE-Teile ist, dass sie Schlüsselworte und -bemerkungen enthalten, die einen klaren Hinweis auf die Lösungsstrategie geben sollen. Sie sind gewissermaßen „versteckte Codes“, die dem Prüfling helfen sollen die richtigen Antworten zu liefern bzw. die richtigen Schwerpunkte bei der Beantwortung zu setzen.

Ich will daher in diesem Beitrag mal ein paar Schlüsselworte und -bemerkungen vorstellen, die häufig in den einzelnen Prüfungsteilen verwendet werden und erklären was hinter ihnen stecken kann.

Natürlich kann diese Liste nie vollständig sein. Auch sollte man nicht unbedingt am konkreten Wort „kleben“ sondern eher versuchen, die dahinter stehende Logik zu verstehen.

Wenn Du von Anfang auf diese Schlüsselworte achtest, z.B. indem Du sie bei jeder Übungsaufgabe aktiv suchst und gelb markierst, wirst Du bald ein Gespür dafür bekommen, welche Hinweise sich in einer Aufgabe verbergen.

Teil A und B (Chemie)

Teil A und B sind bezüglich der verwendeten Schlüsselworte sehr ähnlich (zumindest im Bereich Chemie).

Bei beiden Teilen geht es darum einen erteilbaren Anspruchssatz zu entwickeln. Daher überwiegen auch in der Aufgabe die Hinweise welche Erfindungsteile lohnenswert in einen Anspruch aufgenommen werden sollten.

Ein paar Beispiele:

  • Schlüsselwort(e): “sehr wünschenswert”, “besonders bevorzugt”, “außerordentlich wertvoll”, “zum allerersten Mal”, “die besten Ergebnisse”, „besonders […]“, „signifikant verbessert“, „stark erhöht“, „muss“, „essentiell“, „wichtig“
  • Übersetzung: Hinweis auf erhaltenswerte Teile der Erfindung. Diese Teile sollten sich nach Möglichkeit alle im endgültigen Anspruchssatz wiederfinden.

 

  • Schlüsselwort(e): “weiterer Vorteil”, “vorzugsweise”, “sind geeignet”, “streben wir auch Schutz an”, “noch akzeptable Auflösung”, “kann dazu dienen”, “zufriedenstellend”, “bessere Ergebnisse werden erreicht”, „alternativ“, „wahlweise“, „ebenfalls gute Ergebnisse“, „vorzugsweise“, „erhöht“, „geeignet“, „fakultative Bestandteile“
  • Übersetzung: Meist als Hinweis dass das Merkmal in einem Unteranspruch verwendet werden kann. In Teil B kann dies auch ein Hinweis auf mögliche sinnvolle Beschränkungen des Anspruchssatzes sein.

 

  • Schlüsselworte: „von … bis …“
  • Übersetzung: Bei Bereichen immer prüfen, ob hierauf ein Schutz möglich ist. Insbesondere wenn ein technischer Effekt mit dem Auswahlbereich verbunden ist.

 

  • Schlüsselwort(e): “konventionell”, “bekannt”, “ausführlich beschrieben”, “allgemein anerkannt”, “dem Fachmann wohlbekannt”, „handelsüblich“, „normalerweise“, „sind Standard“
  • Übersetzung: Klarer Hinweis auf Stand der Technik. Hier ist kein “Blumentopf” zu gewinnen, also auch keine Energie verschwenden! Die einzige Ausnahme: Die Kombination ist als neu und “überraschend” beschrieben.

 

  • Schlüsselbemerkung: „Unsere Firmenpolitik ist es keine Anspruchsgebühren zu zahlen.“
  • Übersetzung: Nicht mehr als 15 Ansprüche!
  • Schlüsselwort(e): „keine Wirkung“, „keine Reaktion“, „zu langsam“, „wirtschaftlich uninteressant“, „mindert die Effizienz“, „nicht wesentlich“, „erhebliche Zusatzkosten“
  • Übersetzung: Hinweis auf Erfindungsteile, die nicht schützenwert sind oder gar nicht ausführbar (ggf. findet sich auch solch ein Hinweis auch im Mandantenschreiben).

Teil C

Bei Teil C muss man vor allem auf das Mandantenschreiben achten. Eigentlich versteckt sich dort in jedem Absatz mindestens ein Hinweis auf eine Handlung, die der Prüfling durchführen muss.

Zwischen den vielen individuellen Hinweisen, die spezifisch für den jeweiligen Fall sind, gibt es auch hier wiederkehrende Muster.

Ein paar Beispiele:

  • Schlüsselbemerkung: „… am Tag der Einreichung hinzugefügt.“
  • Übersetzung: Hier gibt es möglicherweise ein Prioritätsproblem. Also auf Dokumente achten, die hier die Zwischenveröffentlichungen für das Merkmal sein können und die wirksame Prioritäts-Inanspruchnahme genauer prüfen.

 

  • Schlüsselbemerkung: „… während der Prüfung hinzugefügt.“
  • Übersetzung: Achtung! Hier könnte eine unzulässige Erweiterung vorliegen!

 

  • Schlüsselbemerkung: „A ist identisch mit B, abgesehen davon …“
  • Übersetzung: Achtung! Genau die genannten Unterschiede können Prioritätsprobleme oder unzulässige Erweiterungen darstellen. Hier ist zu prüfen wann die Änderungen ins Verfahren eingebracht wurden.

 

Teil DI

Im DI-Teil sind recht konkrete Rechtsfragen zu lösen, daher braucht man hier nicht so sehr nach Schlüsselworten schauen.

Allgemein sollte man aber im Hinterkopf behalten, dass fast immer Fristen berechnet werden müssen. Daher ist jede Datumsangabe als ein Hinweis auf eine Fristenprüfung anzusehen.

Teil DII

Im DII-Teil ist eigentlich auch wie bei DI immer die korrekte Berechnung von Fristen wichtig. Daher ist auch hier fast jede Datumsangabe als ein Hinweis auf eine Fristenprüfung zu verstehen. Außerdem kommt es eigentlich immer vor, dass bestimmte Handlungen versäumt wurden und innerhalb einer Frist (die konkret berechnet werden muss) nachzuholen sind. Ist die reguläre Frist schon abgelaufen, so gibt es evtl. Weiterbehandlungsmöglichkeiten oder Wiedereinsetzungen (letztere eher selten). Hierbei übrigens immer auch die Gebührenzahlungen für die einzelnen Handlungen erwähnen.

Weitere Schlüsselworte, die bei Teil DII eine Rolle spielen können sind z.B.:

  • Schlüsselwort(e): „bekannt“, etc. (siehe bei Teil A und B)
  • Übersetzung: Auch bei Teil D sind Hinweise auf den bekannten SdT wichtig. Kann aber auch ein Hinweis darauf sein, genauer nach der Lösung zu suchen. Nur weil die Einzelkomponenten „bekannt“ sind, kann die Kombination dennoch neu und erfinderisch sein.

 

  • Schlüsselbemerkung: „Unsere Patentangelegenheiten werden von einem unserer Angestellten bearbeitet, der unser Patent-Manager ist und auch unsere Firma vor dem EPA vertritt.“
  • Übersetzung: Unser Patentvertreter ist ein patentrechtlicher Laie, der möglicherweise zahlreiche formelle Fehler gemacht hat. Seine Aussagen sind mit Vorsicht zu genießen.

 

    • Schlüsselwort(e): „unerwartet“, „überraschend“, „A ist nicht so gut wie B“, „weitaus effizienter“
    • Übersetzung: Achtung! Hier versteckt sich möglicherweise die Erfindung.

 

  • Schlüsselbemerkung: Konkrete Länder sind erwähnt.
  • Übersetzung: Im Sachverhalt ist garantiert zu prüfen, in welchen Ländern welcher Schutz besteht. Möglicherweise wird eine (Nicht-)Verletzungshandlung im Ausland zu prüfen sein, in dem kein Schutz besteht.

 

  • Schlüsselbemerkung: „Die Anmeldung wurde kurz nach ihrer Einreichung zurückgenommen.“
  • Übersetzung: Garantiert muss geprüft werden, ob die Priorität dieser Anmeldung in Anspruch genommen werden kann (in der Regel ja). Was ist außerdem noch zu beachten, wenn die Prioanmeldung zurückgenommen wurde und man die Priorität beanspruchen will? Denkt z.B. mal an Übersetzungserfordernisse…

 

  • Schlüsselbemerkung: „Wir haben eine Aufforderung des EPA erhalten.“ Häufig mit der Bemerkung kombiniert, dass man darauf noch nicht reagiert hätte.
  • Übersetzung: Wir sind hier in einer EPA-Prüfung. Natürlich ist dem Amt IMMER Folge zu leisten und auf deren Schreiben zu reagieren (;-)). Also welche Handlungen sind vorzunehmen und welche Fristen (und Gebühren gelten)?

 

  • Schlüsselbemerkung: „Wir wollen unser Produkt auf den europäischen Markt bringen.“
  • Übersetzung: Sag‘ mir Patentanwalt: Haben wir ausreichend Schutz in Europa bzw. wie können wir diesen verbessern?

 

  • Schlüsselbemerkung: „einvernehmliche Lösung“
  • Übersetzung: Bitte keinen Einspruch, sondern eher Kreuzlizenz oder ähnliches prüfen.

 

Zeitlinien-Übersicht im DII-Teil

Der DII-Teil ist trotz seiner Reform seit dem Jahr 2013 immer noch ein schwieriger Brocken auf dem Weg zur bestandenen EQE. Meist ist der Fall sehr komplex angelegt und der Bewerber muss erst einmal den Sachverhalt sortieren, bevor er sich an die Bearbeitung der Lösung wagen kann. Hier will ich ein nützliches „Werkzeug“ vorstellen, die Erstellung einer „Timeline“- oder Zeitlinien-Übersicht.

Der DII-Teil stellt die Prüflinge vor die große Herausforderung viel Information in wenig Zeit richtig verarbeiten und einsortieren zu müssen. Vor allem sind im DII-Teil häufig viele verschiedene zeitliche Daten zu finden die mit bestimmten Sachverhalten in Korrelation gesetzt werden müssen.

Hier hat sich in der Vergangenheit eine relativ einfache Methode bewährt, mit der man diese Informationen festhalten kann:

Zuerst klebt man zwei DIN A4-Blätter so zusammen, dass ein DIN A3-Blatt entsteht (oder man bringt gleich ein DIN A43-Blatt zur Prüfung mit).

Nun teilt man das Blatt in folgende Abschnitte:

1. Die gesamte obere Hälfte des Doppelblattes sollte für die Zeitlinien reserviert sein. Hier empfehle ich für jedes Schutzrecht eine eigene Zeitlinie zu zeichnen und für jede Partei eine eigene Farbe zu verwenden.

Ich habe jedenfalls zum besseren Verständnis für den DII-Teil mal eine solche „Zeitlinien-Übersicht“ anhand des DII-Teils von 2014 erstellt (übrigens ohne Anspruch auf Vollständigkeit).

© Nico Riffel

© Nico Riffel

 

 

 

 

 

 

Wie man sehen kann, wird für jede Schutzrechtsfamilie ein eigener Zeitstrahl erstellt, der alle wichtigen Daten enthält, wie z.B. Prioritätsanmeldetag, Tag der Nachanmeldung, Inanspruchnahme von Prioritäten (per Pfeil), Veröffentlichungsdatum (wichtig z.B. zur Abgrenzung von 54 (2) und 54 (3)-Schriften). Es ist dabei auch eine gute Praxis mit Farben zumindest eigene Anmeldungen und gegnerische Anmeldungen zu unterscheiden (insbesondere wichtig, wenn mehr als zwei Parteien involviert sind).

Bei dieser Methode ist es übrigens wichtig erst einmal den ganzen Text zu lesen und am besten alle Zeitangaben im Text zu markieren. Nur so erhält man ein Gefühl dafür wie man auf dem Blatt die Zeitangaben in Relation zueinander positionieren muss. So wird z.B. im DII-Teil von 2014 die sehr frühe Anmeldung EPFR3 erst relativ spät im Text erwähnt. Hat man gleich beim ersten Lesen begonnen alles festzuhalten, dann kommt man dort evtl. in Platzprobleme.

Ein Anmerkung: Da sich der Sachverhalt hier in einen „Stoff-Anmeldungen“-Teil und einen „Verfahrens“-Teil aufspaltet, könnte man auch darüber nachdenken EPFR1, EPFR2 und EPCZ1 links nebeneinander und EPFR3 und PCTCZ2 rechts nebeneinander aufzuzeichnen (ist hier aber nicht „prüfungsentscheidend“).

2. In der unteren Hälfte des Doppelblattes wird dann das Blatt nochmals zweigeteilt: In das obere Drittel werden links „Allgemeine Infos“ über den Mandanten und den Gegner eingetragen und rechts wichtige „Hinweise“ im Text festgehalten.

Die „Hinweise“ können hierbei alles betreffen, was einem beim Lesen der Aufgabe besonders ungewöhnlich oder „festhaltenswert“ erscheint.

Schlüsselworte hierfür können z.B. Bemerkungen sein, wie „es ist uns besonders wichtig„, „was wir noch nicht erwähnt hatten“ oder „besonders merkwürdig/auffallen war„, etc..

Natürlich können auch die Fragen weitere Hinweise auf bestimmte Sachverhalte enthalten, bei denen es sich lohnt genauer hinzusehen.

Wie man sieht, enthält meine „Hinweisbox“ als ersten Hinweis den Wunsch des Mandanten den indischen Lieferanten zu behalten. Meines Erachtens ein deutlicher Hinweis zu prüfen, ob der indischen Lieferant das geschützte Verfahren weiterhin anwenden darf.

Der zweite Hinweis betrifft den Mandantenwusch nach „freundschaftlicher“ Zusammenarbeit mit der CLC. Dies ist meines Erachtens ein ziemlich deutlicher Hinweis auf eine Kreuzlizenz oder eine Rechteübertragung. Ich würde jedenfalls diesen Punkt unbedingt diesbezüglich prüfen.

Außerdem habe ich noch einen dritten Hinweis auf die Situation von PCTCZ2 aufgeschrieben. So wie hier die Aufgabe formuliert ist (Stichwort „deutliche Verbesserung“), muss man einfach prüfen, welche Möglichkeiten es gibt dieses Schutzrecht doch noch für den Mandanten nutzbar zu machen. Im Kopf müssen bei einem solchen Sachverhalt einfach die Signallampen für Themen wie „Wiedereinsetzung“ und „Weiterbehandlung“ angehen!

Weitere Hinweise, die man z.B. auch noch in die Hinweisbox schreiben könnte:

  • Prioritätssituation der EPCZ1-Ansprüche: Offensichtlich können nicht alle Anspruchsmerkmale die Prioritäten von CZ1 wirksam in Anspruch nehmen.
  • Überraschende Wirkung von Y.
  • Hinweis, dass eine Übersetzung von CZ1 eingereicht werden muss, um beim EPA Prioritätsansprüche zu bestätigen.

Ich habe diese Hinweise für mich unten bei der Zusammenfassung der verschiedenen Schutzrechte festgehalten. Ich denke aber inzwischen, zur besseren Übersicht ist es besser man hält diese Punkte auch oben im Hinweisfeld fest.

Am Ende der Prüfung sollte man nämlich jeden Hinweis nochmals durchgehen und schauen, ob man diesen in seiner Antwort in irgendeiner Form auch berücksichtigt hat. Durch Wegstreichen des jeweiligen „erledigten“ Hinweises kann man dann sicher gehen, dass man keinen Hinweis übersehen hat.

Die unteren zwei Drittel sind den Zusammenfassungen der verschiedenen Schutzrechten gewidmet. Auch hier habe ich mit Farbcodes gearbeitet.

© Nico Riffel

© Nico Riffel

 

 

 

 

 

 

Hier hält man vor allem stichwortartig die Hinweise auf den Schutzumfang der Anmeldung fest und weitere Angaben, wie z.B. Validierung in bestimmten Ländern, Prioritätsbeanspruchungen, etc. Auch hier verwendet man natürlich nach Möglichkeit einheitliche Farbcodes.

Man sieht, dass man so auf der gesamten DIN A3-Seite eine gute Zusammenfassung des Sachverhalts auf einen Blick hat.

Probiere mal aus, ob Dir die Zeitlinienübersicht bei Teil DII hilft.

 

Die Bewertungspraxis bei Teil D

© Nico Riffel

© Nico Riffel

Bei allen Teilen ist es wichtig, die Bewertungspraxis richtig zu kennen und dementsprechend die Prüfungsstrategie einzurichten. In diesem Beitrag gehe ich darauf ein, wie die Bewertungspraxis in Teil D aussieht und wie demensprechend eine erfolgreiche Prüfungsstrategie aussehen könnte.

Grundlagen

Wie ich schon zuvor erwähnt hatte, ist Teil D aus historischen Gründen in einen DI- und einen DII-Teil aufgeteilt.

Dabei hat der Prüfling anscheinend freie Zeiteinteilung.

Ab 2020 kommt das zusätzliche Problem hinzu, dass die Punktevergabe zwischen DI und DII-Teil zwischen 40:60 und 60:40 schwanken kann (siehe Mitteilung des Prüfungssekretariats).

Daher ist mein bisheriger Ratschlag ca. 40% der Zeit, also 2 Stunden, für den DI-Teil aufzuwenden und dementsprechend 60% der Zeit, oder 3 Stunden, für den DII-Teil, veraltet.

Vielmehr müsst ihr in der Prüfung auf die Punkteverteilung schauen und danach eure Zeiteinteilung entsprechend anpassen.

Der DI-Teil: Rechtliche Fragen

Der DI-Teil prüft in abgeschlossenen Fragen spezifische Rechtsgebiete ab. Es scheint so, dass auch in 2020 die  maximalen Punktzahlen für die einzelnen Fragen jeweils in der Prüfung angegeben werden, so dass der Prüfling zumindest in der Prüfung die maximale Zeit berechnen kann, die er für jede Frage aufwenden sollte.

In jedem Fall sollte aber weiterhin der Umfang der Fragen des DI-Teils mit dem Anteil an der Gesamtpunktzahl korrelieren.

Das heißt, bei 40% der Gesamtpunktzahl sollten die Fragen auch so gestaltet sein, dass 2 Stunden (120 Minuten) für die Bearbeitung ausreichen. Machen die DI-Fragen 60% der Gesamtpunktzahl aus, so sollten 3 Stunden (180 Minuten) für die Lösung der Fragen vorgesehen sein.

Daher sollte es bei der von mir schon in der Vergangenheit vorgeschlagenen „3 Minuten-Regel pro Punkt“ bleiben. Das heißt die Gesamtzeit, die man sich pro Aufgabe gönnen sollte, könnt ihr einfach berechnen, indem ihr 3 Minuten mit jedem Punkt multipliziert, den ihr für die Aufgabe bekommt. Also:

  • Bei 5 Punkten, max. 15 Minuten
  • Bei 6 Punkten, max. 18 Minuten
  • Bei 7 Punkten, max. 21 Minuten
  • Bei 8 Punkten, max. 24 Minuten
  • usw.

Dies sind allerdings theoretische Überlegungen, deren praktischer Nutzen sich erst in der 2020-Prüfung zeigen wird. Daher hoffe ich auf euer Feedback, wie ihr das Problem gelöst habt!

Ich empfehle jedenfalls zu Beginn der Prüfung diese Zeiten auf das Deckblatt hinter den einzelnen Fragen zu notieren und dann vor Beginn jeder Frage auch noch die Startzeit und die errechnete „Endzeit“ aufzuschreiben.

Ein Beispiel: Nehmen wir an, ich begänne mit Aufgabe 4 um 10:22 und Aufgabe 4 würde mit 6 Punkten bewertet. Nun notiere ich mir über der Aufgabe die Startzeit (10:22) und die Endzeit (10:40). Egal wo ich um 10:40 wäre, ich würde die offenen Punkte als kurze Stichpunkte mittels Bleistift notieren und zur nächsten Frage weitergehen.

Erst wenn ich alle sechs Aufgaben auf diese Weise beantwortet hätte und noch Restzeit zum Zeitlimit für D1 übrig bliebe, würde ich mir bei den Fragen, bei denen ich glaubte noch mehr schreiben zu können, noch eine Ergänzung erlauben.

Manche propagieren sogar erst den DII-Teil fertig zu stellen und erst dann noch existierende Lücken zu schließen.

Probiert einfach mal unter „Realbedingungen“ aus, was euch besser liegt.

Standardsituationen

Neben der reinen Berechnung der „Zeit pro Aufgabe“ ist es auch eine gute Übung zu erkennen, wofür in der Vergangenheit Punkte vergeben wurden.

Ein häufiger Fehler, gerade beim D-Teil ist, dass die Prüflinge sich gleich auf das Ergebnis, soll heißen, die Lösung des Problems stürzen. Dabei werden aber wichtige, meiste formale Punkte auf der Strecke gelassen, wie z.B.:

  • das richtige Zitieren aller Rechtsgrundlagen (Artikel, Regel, Case-Law, evtl. Richtlinie)
  • richtige Bewerten und ggf. Beanspruchen von Prioritätsansprüchen
  • richtige Bewertung des Standes der Technik
  • richtige Fristenberechnung (Achtung insbesondere bei Aussetzungen oder Unterschieden zwischen PCT und EPÜ)
  • Nationale Besonderheiten
  • PCT-spezifische Regelungen
  • etc.

Wie man an meiner (unvollständigen) Aufzählung erkennt, sind aber gerade diese Punkte sehr „niedrig hängende Früchte„, da sie immer wieder vorkommen und sehr gut schon in den eigenen Unterlagen vorbereitet werden können.

So gibt es z.B. eigentlich immer ein paar Fragen, die eine korrekte Fristenberechnung verlangen. Wer sich hier eine Checkliste oder eine Mindmap mit allen richtigen Rechtsgrundlagen vorbereitet hat, kann gewissermaßen „im Vorbeigehen“ zahlreiche wertvolle Punkte ohne großen Zeitverlust mitnehmen.

Im Grunde ist es ähnlich wie im Fußball: Jeder will schön spielen und „aus dem Spiel heraus“ Tore machen. Am Ende zählen aber Tore aus Standardsituationen genauso viel wie Tore „aus dem Spiel heraus“. Nur mit dem Unterschied, dass man Standardsituationen wie Eckbälle und Freistöße viel besser vorher üben und vorbereiten kann.

Selbst Jogi Löw hat erkannt, dass man Standardsituationen braucht, um zu gewinnen. Das Ergebnis kennt jeder: Deutschland wurde 2014 Fußballweltmeister und ca. 50% aller Tore in dem Tunier waren Tore aus Standardsituationen. Vielleicht nicht unbedingt immer schön, aber wirkungsvoll!

Macht also nicht den Fehler und lasst die wertvollen Punkte aus „Standardsituationen“ liegen, nur weil sie nicht so attraktiv erscheinen!

Daher meine erste „Hausaufgabe“: Geht mal alle alten Prüfungen der letzten zehn Jahre durch und sucht in den Musterlösungen unter Zuhilfenahme des Prüferberichts alle „Standardsituationen“, die ihr finden könnt und erstellt euch dann irgend eine Checkliste,  Mindmap oder ähnliches Tool mit dessen Hilfe ihr möglichst vollständig bei einer solchen Standardfrage alle Punkte einsammelt.

0,5 Punkte pro Aussage

Aus ungesicherten Quellen habe ich gerüchteweise gehört, dass in der Vergangenheit häufig  in 0,5 Punkten-Schritten bewertet wurde. Ich kann daher nicht wirklich behaupten zu wissen, dass es wirklich so ist. Dieses Gerücht scheint aber, wenn man sich die Bewertungspraxis alter Arbeiten so anschaut, nicht völlig aus der Luft gegriffen zu sein.

Das heißt bei einer Aufgabe von z.B. 6 Punkten müsste ein Prüfling zur vollständigen Beantwortung der Frage ca. 12 „bepunktbare“ Aussagen liefern (und keine Aussage die zu Punktabzug führt).

Dies erreicht ihr natürlich einerseits damit, dass ihr bei den Standardaufgaben eine solche Detailschärfe in euren Checklisten vorbereitet habt, dass ihr möglichst alle Punkte mitnehmt. Das bedeutet aber auf der anderen Seite, dass ihr nicht unnötig  viel Zeit verschwenden solltet, nur um bei einer Frage noch 0,5 Punkte mehr zu erreichen.

Vergiss nicht: Dein Ziel sollten eher stabile 60% sein, anstatt 90% (100% schafft ohnehin keiner)!

Wenn Du das Gefühl hast, dass Du alle Punkte bei einer Frage geholt hast, die man mit vernünftigem Zeitaufwand holen konnte, dann gehe lieber zur nächsten Frage oder beginne mit dem DII-Teil.

Am Ende, wenn Du vorzeitig fertig bist und Dir langweilig ist (kleiner Scherz!), kannst Du immer noch versuchen die letzten Punkte bei der einen oder anderen Frage einzusammeln.

Der DII-Teil: Rechtliche Beurteilung

Leider wird beim DII-Teil nicht genau angegeben, wie viele Punkte auf die jeweiligen Teilfragen (ca. 3-4 Stück) entfallen. Dennoch kann man mit ein wenig Prüfungsgespür erahnen, mit welcher Frage ungefähr wieviele Punkte zu erreichen sind und welche Frage demnach die meiste Aufmerksamkeit verdient.

Aufgrund der offenen Gestaltung des DII-Teils ist es sehr schwierig allgemeine Hinweise zur Lösung zu geben, allerdings gibt es zwei Ansätze, die Dir hier trotzdem helfen können wichtige Punkte zusammeln:

1. Auch bei D-II solltest Du eine große Aufmerksamkeit auf „Standardsituationen“ legen.

Hier kann man recht effektiv mit Schlüsselworten arbeiten:

  • Finde ich irgendwo im Text ein Datum, so prüfe ich immer, ob ich eine Fristberechnung (mit allen Zitaten) durchführen muss.
  • Finde ich Angaben, bei denen ich mich zu Neuheit oder erfinderischer Tätigkeit äußern muss, dann mache ich eine ordentliche Neuheitsprüfung bzw. einen Aufgabe-Lösungs-Ansatz.
  • Wenn Prioritäten erwähnt sind, so prüfe ich detailliert die richtige Beanspruchung der Priorität.

…und so weiter. (Siehe auch mein Beitrag „Was uns Schlüsselworte verraten!“).

Daher meine zweite „Hausaufgabe“: Geht mal die Musterlösungen aller alten DII-Teile durch und markiert euch mit gelbem Marker, welche Teile der Antwort pure „Standardantworten“ sind. Auch hier ist es eine gute Übung fertig vorformulierte Standardsatzblöcke in einer Checkliste oder Formulierungshilfe vorzuschreiben, die man – thematisch geordnet – in der Prüfung schnell finden und einsetzen kann.

2. Damit man im D-II-Teil nicht den Überblick verliert, sollte man außerdem unbedingt die Zeitlinien-Übersicht-Strategie anwenden, die ich in diesem Beitrag vorstelle.

Viel Erfolg!