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Bewertungspraxis bei Teil B

© Nico Riffel

© Nico Riffel

 

Bei allen Teilen ist es wichtig, die Bewertungspraxis zu kennen und dementsprechend die Prüfungsstrategie richtig auszurichten. In diesem Beitrag gehe ich darauf ein, wie die Bewertungspraxis in Teil B aussieht und wie demensprechend eine erfolgreiche Prüfungsstrategie aussehen könnte.

 

 

So sehr sich die grundsätzlichen Aufgabenstellungen in Teil A und Teil B ähneln – bei Teil A muss eine Neuanmeldung im Lichte zweier SdT-Dokumente erstellt, bei Teil B der Entwurf einer Bescheidserwiderung im Lichte zweier SdT-Dokumente angepasst werden – so unterschiedlich ist die Punktevergabe bei beiden Teilen.

Während bei Teil A der Schwerpunkt klar auf einem erteilbaren Anspruchssatz liegt, verschiebt sich der Schwerpunkt bei Teil B ganz klar in Richtung einer guten Argumentation in der Bescheidserwiderung.

In Punkten ausgedrückt bedeutet das, dass lediglich ca. 30% der Punkte auf den neuen Anspruchssatz entfallen und immerhin 70% der Punkte für eine gute Bescheidserwiderung vergeben werden.

Man könnte also theoretisch die Ansprüche vollkommen falsch geschrieben haben und dennoch die Prüfung mit Bravour bestehen. Doch Vorsicht! Ich schreibe bewusst „theoretisch“, da man natürlich keine vernünftige Argumentation hinbekommen wird, wenn der Anspruchssatz völlig falsch geraten ist.

Daher fallen bei Teil B der Arbeitsaufwand, der betrieben werden muss, und die Punktevergabe auseinander: Man wird mindestens 50% der Zeit investieren müssen, um einen guten Anspruchssatz anhand der vorgegebenen Informationen erarbeiten zu können, sammelt aber erst beim Schreiben der Bescheidserwiderung die „fetten“ Punkte ein.

Man könnte auch sagen der B-Teil hat zwei Phasen:

  1. Eine prüfungsspezifische variable Phase, in der der veränderte Anspruchssatz im Lichte der SdT-Dokumente und der Wünsche des Mandanten erstellt wird; und
  2. Eine relativ konstante Phase mit feststehenden Herausforderungen, die sich mit einer Formulierungshilfe gut vorbereiten lassen, nämlich Zusammenfassung der Dokumente, Erklärungen für Stütze der Änderungen, Argumente für Klarheit, Einheitlichkeit, Neuheit und erfinderische Tätigkeit, wobei diese Aufgaben 70% der Punkte ausmachen.

Ich wiederhole mich, aber ich kann nicht oft genug betonen, dass auch in Teil B, besonders für Phase 2, Formulierungshilfen eine wichtige Voraussetzung dafür sind, um so viele Punkte wie möglich zu holen.

Im Grunde muss das Schreiben der Bescheidserwiderung wie ein gut geöltes Uhrwerk ablaufen. Hierbei sollte man sich übrigens nicht scheuen Textteile durch Ausschneiden und Aufkleben zu verwenden, z.B. wenn es um die Erklärung bestimmter technischer Effekte geht oder den Vorteil einer Erfindung.

Ähnliche Artikel:

 

Analyseblatt für den B-Teil

Gerade wenn der B-Teil zu komplex zu werden droht, empfiehlt es sich ein Analyseblatt inklusive „Merkmalstabelle“ zu erstellen. In diesem Beitrag gehe ich genauer auf dieses Analyseblatt ein.

Wenn Du mittels der hier geschilderten Methode die Patentanmeldung im B-Teil so markiert hast, dass alle Teile farbig markiert sind, die von einer der beiden Entgegenhaltungen vorweg genommen werden, solltest Du eigentlich die Merkmale relativ gut sehen, die noch nicht SdT sind und sich demnach für die Konstruktion neuer Ansprüche eignen.

Doch manchmal sind die Merkmale so verstreut oder so zahlreich, als dass man die neue und erfinderische Kombination nicht sofort erkennen kann. Hier hilft mein detaillierteres Analyseblatt, welches ich hier kurz vorstellen will.

Die erste Seite meines Analyseblatts fragt wichtige Hinweise ab, die Du in jedem Fall ausfüllen solltest, nämlich:

  • Wichtige Wünsche des Mandanten
  • Wichtige Hinweise des Prüfers
  • Wichtige Hinweise im Patent
  • Sind D1 und D2 kombinierbar

Die folgende Tabelle ist nun die, die Du bei komplizierten Fällen nutzen kannst, um besser SdT zu identifizieren, der für einen Schutz geeignet ist.

Doch Vorsicht: Diese Methode benötigt Zeit und sollte nur eingesetzt werden, wenn Du anders nicht weiter kommst (außerdem solltest Du diese Methode vorher gut üben, damit Du so wenig Zeit wie möglich verlierst).

Das Hauptproblem bei komplexen  Merkmalskombinationen ist es sicherzustellen, dass man wie bei einer Zwiebelschale richtig vom allgemeinen Oberbegriff zu immer spezielleren Begriffen geht. In der Regel ist der Oberbegriff und ein Teil der Zwischenbegriffe schon vom Stand der Technik (also einer der beiden Dokumente) offenbart, meist bleiben aber einige spezielle Begriffe, Begriffsfamilien bzw. konkrete Werte oder Wertbereiche übrig, die man dann in den neuen Ansprüchen verwenden kann.

Ein einfaches Beispiel um zu erläutern was ich meine…

Anspruch 1 der Patentanmeldung soll in der Ausgangsform lauten:

„[…] und ein Lösungsmittel, welches ein Alkohol ist.“

Im Text der Patentanmeldung findest Du folgende Aussagen:

  • Das Lösungsmittel kann ein Alkohol sein.“
  • „Der Alkohol sollte ein mehrwertiger Alkohol sein.“
  • „Der Alkohol ist bevorzugt ein zweiwertiger oder dreiwertiger Alkohol.“
  • „Ein besonders bevorzugter zweiwertiger Alkohol ist Ethan-1,2-diol (Trivialname Ethylenglycol), ein besonders bevorzugter dreiwertiger Alkohol ist Propan-1,2,3-triol (Trivialname Glycerol oder Glycerin).“
  • „Bei der Verwendung von Propan-1,2,3-triol löst sich der Wirkstoff überraschender Weise 100mal besser auf, was die Menge an benötigtem Lösungsmittel deutlich verringert.“

Nun nehmen wir weiter an „einwertige Alkohole als Lösungsmittel“ und „einwertige Alkohole, z.B. Ethanol“ seien in D1 offenbart. Das Merkmal „ein zweiwertiger Alkohol als Lösungsmittel“ sei wiederum schon in D2 offenbart.

Was bedeutet das für unseren Anspruch?

Die Begrenzung des Anspruchs auf „wobei der Alkohol ein mehrwertiger Alkohole ist“ wäre zu breit, da D2 mit seiner speziellen Offenbarung eines zweiwertigen Alkohols auch mehrwertige Alkohole schon vorweg nimmt.

Man könnte allerdings den Anspruch immer noch auf „Ethan-1,2-diol“ einschränken, da diese spezielle Verbindung nirgendwo offenbart ist.

Ebenfalls lohnend erscheint eine Beschränkung auf „dreiwertige Alkohole insbesondere Propan-1,2,3-triol“, da diese auch noch mit einem überraschenden technischen Effekt verbunden sind.

Um nun beide Merkmale zu schützen, könnte der Anspruch also im Idealfall wie folgt lauten: „[…] und ein Lösungsmittel, welches ein mehrwertiger Alkohol ist, wobei der mehrwertige Alkohol ausgewählt ist aus der Gruppe Ethan-1,2-diol und einem dreiwertigen Alkohol.“

In einem Unteranspruch definieren wir dann „… wobei der dreiwertige Alkohol Propan-1,2,3-triol ist.“

Was haben wir in diesem stark vereinfachten Beispiel also gemacht:

1. Wir haben identifiziert, welche Merkmale von Allgemein zu Speziell für „Lösungsmittel“ in der Patentanmeldung zu finden sind.

Das Lösungsmittel kann ein Alkohol sein. Der Alkohol kann ein einwertiger oder mehrwertiger Alkohol sein. Der mehrwertige Alkohol kann ein zwei- oder dreiwertiger Alkohol sein. Konkretes Beispiel für einen zweiwertigen Alkohole ist Ethan-1,2-diol, konkretes Beispiel für einen dreiwertigen Alkohol ist Propan-1,2,3-triol.

2. Wir haben außerdem identifiziert, welche Merkmale durch welche Druckschrift schon vorweg genommen worden sind.

3. Dann haben wir uns die „übriggebliebenen“ Merkmale angesehen und so das allgemeinste Merkmal identifiziert, dass noch nich vorweg genommen ist: Bei den zweiwertigen Alkoholen ist das nur „Ethan-1,2-diol“, bei den dreiwertigen Alkoholen ist es der Sammelbegriff „dreiwertige Alkohole„..

4. Nun haben wir uns den spezifischsten Oberbegriff gesucht, der die beiden „Merkmalsgruppen“ [Ethan-1,2-diol] und [dreiwertige Alkohole] einheitlich mit einem Begriff zusammenfasst. Dieser Oberbegriff muss selbst nicht neu sein. Im vorliegenden Beispiel war das „mehrwertige Alkohole“.

5. Nun prüfen wir, ob wir mit Verwendung dieses Oberbegriffs und der Beschränkung innerhalb dieses Oberbegriffs auf die jeweiligen „Merkmalsgruppen“ [Ethan-1,2-diol] und [dreiwertige Alkohole] einen Anspruchssatz entwerfen können, der neu, erfinderisch und einheitlich ist.

Wenn ja, dann haben wir die Beschränkung gefunden, die maximalen Schutz im Lichte der D1 und D2 gewährt.

Wenn dann im Text auch kein ungewöhnlicher Hinweis steht (wie z.B.  „Ethan-1,2-diol ist sehr kostspielig“ oder „Ethan-1,2-diol funktioniert nur sehr schlecht“) kann man davon ausgehen, dass dies die Beschränkung ist, die auch von der Prüfungsabteilung erwünscht war.

Man erkennt schon an diesem einfachen Beispiel, dass das Auffinden der richtigen Oberbegriffe und Beschränkungen schwieriger wird, wenn wir es mit zahlreichen Merkmalen zu tun haben.

Und hier kommt die Analysetabelle ins Spiel.

Im Grunde machen wir hier nichts anderes als zuvor, aber durch die tabellarische Gestaltung wird es übersichtlicher.

Wir gehen wir folgt vor: Auch in die Tabelle tragen wir alle Merkmale ein, angefangen mit dem allgemeinsten Merkmal ganz links, bis zum speziellen Merkmal ganz rechts.

In unserem Beispiel sieht das so aus:

© Nico Riffel 2014

© Nico Riffel 2014

 

 

 

Nun markieren wir jedes Merkmal farblich mit unserem Farbcode: Also Orange für Merkmale, die schon in D1 stehen, Pink für Merkmale, die schon in D2 stehen und Grün für noch nicht offenbarte Merkmale:

© Nico Riffel 2014

© Nico Riffel 2014

 

 

 

 

Wer will kann hier auch noch zusätzliche Bemerkungen zu dem besonderen technischen Effekt eintragen, der bei dreiwertigen Alkoholen beobachtet wurde.

Nun suchen wir uns den speziellsten Oberbegriff, der alle grünen Begriffe einheitlich beschreibt, hier „mehrwertige Alkohole“.

Und voilà: Man sieht (mit etwas Übung) auf einen Blick welchen Oberbegriff mit welchen Beschränkungen man für die Merkmalsgruppe „Lösungsmittel“ verwenden muss.

So exerziert man das für alle Merkmale durch, z.B. Bindemittel, Vernetzungsmittel, Farbe, etc. und erhält dann am Ende eine gute Sammlung von beschränkenden Merkmalen, die man in seine Ansprüche aufnehmen muss, um diese neu und (wahrscheinlich) auch erfinderisch zu machen.

Am Ende kann man dann relativ einfach die Merkmale abhaken, die man in seinen Ansprüchen alle abgedeckt hat und so ausschließen, dass eine wichtige Merkmalsgruppe übersehen wird.

Vergiss hierbei jedoch nicht auch auf „ungewöhnliche Hinweise“ (blaue Markierungen und Hinweise auf dem Analyseblatt) zu achten. Diese verraten z.B. ob man ein Merkmal, welches eigentlich nicht durch die Druckschriften vorweg genommen worden ist, aus einem anderen Grund doch nicht verwenden sollte (z.B. mangelnde Ausführbarkeit, wirtschaftlich uninteressant, etc.).

Hier findest Du die Analysetabelle als PDF zu Deiner Verwendung:

Merkmalsanalyse_für_B-Teil

 

 

Detaillierter Ablauf von Teil B

Nachfolgend schildere ich meine Methode den B-Teil anzugehen. Dies ist der Weg, den ich erfolgreich in meiner Prüfung beschritten habe. Ich will an dieser Stelle nochmals darauf hinweisen, dass ich nur den Chemie-B-Teil geschrieben habe, für den Elektro-/Maschinenbau-Teil kann der Ablauf anders aussehen. Dieser Ablauf kann Dir jedenfalls zur Erstellung einer eigenen Formulierungshilfe, Checkliste oder Mindmap dienen.

Die Bearbeitung von Teil B lässt sich in folgende Schritte einteilen:

1. Allgemeine Vorbereitung

Mit Erhalt der Arbeit werden erst einmal alle Prüfungsblätter entklammert, gelocht und abgeheftet. Der vom Mandanten vorgeschlagene Anspruchssatz wird hierbei extra abgeheftet (mit eigenem Trennstreifen). Zum Abheften nimmt man am besten einen vorbereiteten Ordner, der hier näher beschrieben wird.

Während des Schreibens werden alle eigenen Blätter für die Abgabe mit hellem Marker (oder weichem Bleistift) nach folgendem Schema nummeriert:

  • Ansprüche: A-1, A-2, A-3, etc.
  • Beschreibung: B-1, B-2, B-3, etc.
  • Mandantenschreiben (in der Regel nicht nötig): M-1, M-2, M-3, etc.

Auf das Blatt B-1 kann man schon folgenden Text schreiben:

<Seite B-1>

Verwendete Abkürzungen:

Art. = Artikel (des EPÜ 2000)
R. = Regel (des EPÜ 2000)

RiLi = Prüfungsrichtlinien des EPA
S. = Seite
Z. = Zeile
(n)SdT = (nächstliegender) SdT
PA = Patentanmeldung
D1 = Dokument 1
D2 = Dokument 2
erf. Tät. = erfinderische Tätigkeit

In Erwiderung auf den Bescheid vom XX.YY.ZZZZ werden hiermit neue Patentansprüche 1-X eingereicht, die die ursprünglich eingereichten Ansprüche 1-Y ersetzen.

Warum sollte man jetzt schon eine Seite schreiben? Nun, es beruhigt. Während die anderen sich aufgeregt in die Dokumente stürzen, heftet man erst einmal ruhig ab und schreibt die erste Seite. Das bringt den Puls wieder auf Normalwert, bringt das Adrenalin wieder runter und startet die „Prüfungsroutine“, die man bis zu diesem Zeitpunkt schon dutzendmal eingeübt hat.

Es mag sein, dass es Dir nicht so geht, aber mir hat es geholfen mich erst einmal mit einer vertrauten Tätigkeit zu beschäftigen, bevor ich mir überhaupt die Arbeit im Detail ansah.

2. Brief des Mandanten lesen und „verarbeiten“

Nun wenden wir uns dem Brief des Mandanten zu. Hier sind folgende Fragen primär zu klären:

  • Gibt es Hinweise auf den zitierten SdT?

Wenn „Ja“, dann auf dem „Analyseblatt“ notieren.

  • Welche Wünsche hat der Mandant?

Diese Wünsche sind unbedingt einzuhalten, daher ebenfalls auf dem Analyseblatt notieren. Manchmal ist es auch gut den Wunsch direkt auf dem Blatt mit dem vorgeschlagenen Anspruchssatz einzutragen (z.B. „Unbedingt das Verfahren im pH-Bereich von 7,5 bis 9 erhalten!“).

  • Ist eine Antwort an den Mandanten nötig?

Normalerweise wird keine Antwort an den Mandanten verlangt.

Aber man sollte auch bei einer Abweichung von dieser Regel nicht in Panik verfallen. Sollten wirklich einmal rechtliche Fragen an den Mandanten zu beantworten sein, so sollte man das als ein gutes Zeichen werten, nämlich dass wahrscheinlich die eigentliche Aufgabe so einfach ist und so gut in der vorgegebenen Zeit gelöst werden kann, dass sich die Prüfungsabteilung genötigt sah eine zusätzliche „Hürde“ einzubauen.

3. Analyse der Anmeldung

Die Anmeldung schauen wir uns dreimal durch:

Beim ersten Mal versuchen wir den Sachverhalt zu verstehen.

Beim zweiten Mal wird die Anmeldung nach folgenden Kriterien markiert:

a. Die Absätze werden je nach ihrem Schwerpunkt beschriftet:

  • Stoff
  • pharmazeutische Zusammensetzung/Formulierung
  • Verfahren
  • Verwendung (medizinische/nichtmedizinische Verwendung)
  • etc.

b. Hinweise auf erhaltenswerte Teile der Erfindung (gelb-unterstreichen; Markierung „E“). Diese Teile sollten sich nach Möglichkeit alle im endgültigen Anspruchssatz wiederfinden. Häufige Schlüsselworte sind:

  • „besonders […]“
  • „signifikant verbessert“
  • „stark erhöht“
  • „muss“
  • „essentiell“
  • „wichtig“

c. Hinweise auf mögliche abhängige Ansprüche (gelb; Markierung „A“). Häufige Schlüsselworte sind:

  • „alternativ“
  • „wahlweise“
  • „ebenfalls gute Ergebnisse“
  • „vorzugsweise“
  • „erhöht“
  • „geeignet“
  • „fakultative Bestandteile“

d. Hinweise auf Erfindungsteile, die nicht schützenwert sind oder gar nicht ausführbar (ggf. findet sich auch ein Hinweis im Mandantenschreiben) (Lila-unterstrichen, „NN“). Häufige Schlüsselworte sind:

  • „keine Wirkung“
  • „keine Reaktion“
  • „zu langsam“
  • „wirtschaftlich uninteressant“
  • „mindert die Effizienz“
  • „nicht wesentlich“
  • „erhebliche Zusatzkosten“

e. Hinweise auf mangelnde Neuheit oder mangelnde erf. Tätigkeit (lila-gestrichelt, SdT). Häufige Schlüsselworte sind:

  • „bekannt“
  • „handelsüblich“
  • „normalerweise“
  • „sind Standard“

f. Markierungen für eine spätere Aufgabe-Lösungs-Argumentation:

  • „NachT“: Nachteile im SdT
  • „OA“: objektive Aufgabe
  • „L“: Lösung(en)

g. „Ungewöhnliche“ Hinweise oder scheinbare Definitionen (blau; „!“ oder „Def.“):

    • Definitionen sind evtl. wichtig zur Überwindung von (Un)klarheitseinwänden
    • „Ungewöhnliche Hinweise“ können z.B. Hinweise auf einen technischen Effekt sein, der eine besondere Aufmerksamkeit verdient. So ist denkbar, dass die Erfindung nicht über die gesamte Breite ausführbar ist, oder dieser Effekt einem speziellen Anspruch abgedeckt werden muss oder gar die Einreichung einer Teilanmeldung nötig wird. Zum Beispiel:„Wenn das Bindemittel XY ist, müssen 0,3 – 0,8% eines Vernetzungsmittels zugegeben werden, um die Stabilität zu erhalten.“

h. Testsysteme gut verstehen!

Nimm Dir die Zeit die beschriebenen Testsysteme gut zu verstehen und auf die Tabellen anzuwenden. Im Chemie B-Teil läuft es eigentlich immer auf den Abgleich mehrerer Tabellen hinaus. Hier muss man erkennen, welche Parametergruppen aufgrund welcher Eigenschaften interessant sein könnten. Daher sollte man sich folgende Fragen gut beantworten bzw. in der Tabelle markieren:

  • Welcher Parameter wird hier wie gemessen?
  • Was sind gute, was sind schlechte und was sind herausragende Messwerte?

Beim dritten Durchgang füllst Du die Merkmals-Analysetabelle aus.

Das bedeutet, genauso wie für Teil A, füllst Du die Tabelle mit allen Merkmalen, sortiert von allgemein zu speziell aus.

Hier ist Analysetabelle für Teil B nochmals erklärt.

4. Analyse des Amtsbescheids

Nun lesen wir den Amtsbescheid sorgfältig. Insbesondere Hinweise auf die Druckschriften D1 und D2 sollte man auf dem Analyseblatt festhalten und/oder in der jeweiligen Druckschrift gelb markieren.

  • Wo sind Merkmale erwähnt?
  • Fehlen wichtige Merkmale?
  • Hat der Prüfer besondere Anmerkungen (z.B: Klarheitseinwände)?

5. Analyse der SdT-Dokumente D1 und D2

Bei der Analyse der SdT-Dokumente ist größte Sorgfalt geboten. Bedenke: Du willst  die „Lücken“ im Schutzbereich finden, die weder D1 noch D2 abdecken. Diese Analyse ist daher der eigentliche Kern des B-Teils und sollte deshalb möglichst ohne Fehler durchgeführt werden!

Ich bin bei diesem Schritt wie folgt vorgegangen:

  • D1 habe ich oben mit Orange markiert, D2 in Pink.
  • Dann habe ich beide Dokumente gelesen.
  • Dann habe ich alle Merkmale, die schon durch D1 vorweg genommen waren, in der Merkmals-Analysetabelle mit Orange markiert.
  • Dann habe ich alle Merkmale, die schon durch D2 vorweg genommen waren, in der Merkmals-Analysetabelle mit Pink markiert.
  • Danach habe ich alle übrig gebliebenen Teile, also jene, die nicht durch D1 und D2 vorweg genommen waren, in der Merkmals-Analysetabelle grün markiert.
  • Danach habe ich nochmals alle Markierungen überprüft, um sicher zu stellen, dass ich nichts falsch markiert habe (insbesondere die grünen Teile).
  • Nun folgt noch die Prüfung der Kombinierbarkeit von D1 und D2. Dies ist wichtig für die Strategie beim Aufgabe-Lösungs-Ansatz und die Zeiteinteilung. Hätte der Fachmann die Dokumente miteinander kombiniert? Welches Dokument ist der nächste SdT (manchmal sind beide auch gleichwertig)?

6. Entwurf des neuen Anspruchssatzes

Nun beginnen wir mit dem Erstellen eines neuen Anspruchssatzes (dabei beachten, dass in Teil B in der Regel nicht eine Vielzahl neuer Ansprüche erwartet wird, sondern eher eine gute Anpassung der vorhandenen Ansprüche).

Anhand von Analysetabelle oder Analyseblatt und den Markierungen (grün) in der Anmeldung versuchen wir nun die Merkmale identifizieren, die erstens vor allem in Entgegenhaltung nicht vorkommen, die der nSdT ist.

Dabei unbedingt beachten, ob bestimmte Merkmale im Anspruch 1 mit „oder“ verknüpft sind. Wenn ja, dann ist die Neuheit und erf. Tätigkeit gegenüber beiden Alternativen zu prüfen.

Weiterhin achten wir auch auf blau markierte „ungewöhnliche“ Hinweise.

Hierbei sollte man den Anspruch 1 so ergänzen/umformulieren, dass diese(s) unterscheidende(s) Merkmal(e) mit in den Anspruch aufgenommen wird/werden.

Natürlich wählt man möglichst eine Beschränkung, die

  • Innerhalb der Wünsche des Mandanten ist.
  • Möglichst einheitlich ist.
  • Die geringste Beschränkung darstellt.
  • Von der Beschreibung gestützt ist.
  • Klar ist.

Nun prüfen wir, was getan werden muss, um den Anspruch 1 auch gegen das andere Dokument neu und erfinderisch werden zu lassen.

Hierbei sollte man vor allem auf Merkmale achten, die in diesem Dokument nicht oder z.B. nur in einer Variante erwähnt sind.

Nun prüfen wir noch, ob der nun beschränkte Teil des Anspruchs 1 immer noch eine einheitliche Erfindung darstellt (Lösen alle Kombinationsmöglichkeiten die Aufgabe?) und alle Merkmale klar sind.

  • Haben wir alle Hinweise, Mandantenwünsche und Markierungen beachtet?
  • Sind alle Widersprüche aufgeklärt, macht der Schutzbereich so auch Sinn?

i. Abhaken!

Bei der Kontrolle des Anspruchssatzes (vor dem Schreiben der Beschreibung) sollte man sich nochmals kurz die Zeit nehmen die Markierungen abzuhaken. Hat man alle Argumente richtig verwendet? Sind nun alle Aussagen angesichts des Anspruchsentwurfes sinnvoll?

Dann kann es weitergehen…

7. Schreiben der Beschreibung: Basis für die Ansprüche

Ist man mit seinem Anspruchssatz zufrieden, dann kann man sich an das Schreiben der Beschreibung machen, welches sich wiederum aus mehreren Schritten zusammensetzt. Bedenke hierbei: Anders als beim A-Teil gibt es auf eine gute Beschreibung ordentlich Punkte.

Erst einmal ein paar allgemeine Hinweise zum Verfassen der Beschreibung:

  • Für alle Änderungen ist die Grundlage vollständig anzugeben. Um die volle Punktzahl zu erlangen, ist es erforderlich, die Änderungen kenntlich zu machen und anzugeben, welche Stellen in der ursprünglich eingereichten Anmeldung diese Änderungen stützen.
  • Wurden Merkmale aus verschiedenen Teilen der Anmeldung kombiniert oder wurde der Wortlaut der Anmeldung geändert, muss auch dargelegt werden, worin die Änderung ihre Grundlage hat.
  • Die Beispiele und/oder Zeichnungen sind zumeist nicht die am besten geeignete Grundlage für Änderungen, weil nur selten argumentiert werden kann, dass einzelne Merkmale aus einem Beispiel oder einer Zeichnung unabhängig von den anderen Merkmalen des Beispiels oder der Zeichnung offenbart werden.

Konkret können wir also zum Beispiel schreiben:

<Seite B-2>

  1. Neue Ansprüche/Änderungen

Anspruch 1 basiert auf dem ursprünglichen Anspruch 1, wobei die Zusammensetzung durch (1) <Merkmal XX>  wie auf Seite 1, Zeile 29 offenbart, und (2) eine Charakterisierung <Merkmal YY>, wie es durch Seite 3, Zeilen 4-5 gestützt ist, näher definiert wurde.

Anspruch 2 ist gestützt durch Seite 2, Zeile 29.

Anspruch 3 ist gestützt durch Seite 3, Zeilen 3-4.

Anspruch 4 ist gestützt durch Seite 3, Zeilen 5-6.

Anspruch 5 ist gestützt durch Seite 3, Zeile 7.

Anspruch 6 ist gestützt durch Seite 2, Zeilen 29-30.

Anspruch 7 ist gestützt durch die bevorzugte Zubereitung gemäß Seite 2, Zeilen 17-26.

Anspruch 8 entspricht ursprünglichem Anspruch 3, wobei der Verweis auf die Zusammensetzung entsprechend dem neuen Anspruchssatz geändert wurde und die Trocknungstemperatur gemäß Seite 4, Zeile 7 geändert wurde.

Anspruch 9 ist gestützt durch Seite 4, Zeile 1.

8. Schreiben der Beschreibung: Klarheitsargumente

Wir schreiben zum Beispiel:

2. Klarheit

In Punkt 3 des Bescheids wird die mangelnde Klarheit des ursprünglichen Anspruchs 2 beanstandet.

Ursprünglicher Anspruch 2 wurde jedoch gestrichen und durch den neu eingereichten Anspruch 7 ersetzt, der eine bevorzugte Zubereitung betrifft, deren Bestandteile sich nicht zu mehr als 100% summieren.

9. Schreiben der Beschreibung: Zusammenfassung der Dokumente und Neuheit

Allgemeine Hinweise zur Neuheit:

In der Regel werden 4-5 Punkte allein für die Zusammenfassung der Dokumente 1 und 2 vergeben. In der Zusammenfassung der Dokumente sollten die Verfahrens- und Vorrichtungsmerkmale erwähnt sein, die für Neuheit und erfinderische Tätigkeit relevant sind. Wenn man bedenkt, dass man hierzu meist wörtlich die Zusammenfassung des Amtsbescheids verwenden kann, sollte man diese Punkte mitnehmen, oder?

Ob eine gesonderte Zusammenfassung vorgelegt wird oder die Dokumente im Rahmen der Begründung der Neuheit oder der erfinderischen Tätigkeit zusammengefasst werden, spielt übrigens keine Rolle.

Ungefähr 15% der Punkte werden außerdem für die Erörterung der Neuheit des Anspruchs 1 vergeben. Um die volle Punktzahl zu erlangen, muss genau hervorgehoben werden worin sich Anspruch 1 von den SdT-Dokumenten unterscheidet.

Wir schreiben z.B.:

3. Neuheit

3.1 In Punkt 1 des Bescheids wird die mangelnde Neuheit der Ansprüche 1-3 gegenüber D1 beanstandet.

D1 beschreibt eine Zusammensetzung für <individuell ergänzen>.

D1 beschreibt jedoch nicht, dass <individuell ergänzen>. Aus diesem Grund ist Anspruch 1 neu gegenüber D1.

Die Ansprüche 2-7 sind abhängig von Anspruch 1 und umfassen daher ebenfalls die Merkmale des Anspruchs 1. Aus diesem Grund sind auch die Ansprüche 2-7 neu gegenüber D1.

3.2 In Punkt 2 des Bescheids wird die mangelnde Neuheit der ursprünglichen Ansprüche 1-3 gegenüber D2 beanstandet.

D2 beschreibt <individuell ergänzen>.

Vorliegender Anspruch 1 betrifft jedoch <individuell ergänzen>. Dies ist in D2 nicht offenbart und daher ist Anspruch 1 neu gegenüber D2.

Die Ansprüche 2-7 sind abhängig von Anspruch 1 und umfassen daher ebenfalls die Merkmale des Anspruchs 1. Aus diesem Grund sind auch die Ansprüche 2-7 neu gegenüber D2.

3.3 Anspruch 8 betrifft ein Verfahren zur Herstellung <individuell ergänzen>, wobei alle Bestandteile der Zusammensetzung gemäß einem der Ansprüche 1-7 miteinander verknetet werden.

Ein solcher Schritt ist weder in D1 noch D2 offenbart und daher neu.

Anspruch 9 betrifft <individuell ergänzen>, die unter Verwendung der Zusammensetzung hergestellt worden ist. Eine Verwendung der Zusammensetzung ist deshalb ebenfalls neu (RiLi C-IV, 11.12.). Aus diesem Grund ist auch Anspruch 9 neu gegenüber D1 und D2

usw.

10. Schreiben der Beschreibung: Erfinderische Tätigkeit

Hier ist vor allem die gute Ausarbeitung eines Aufgabe-Lösungs-Ansatzes entscheidend.

Ein allgemeines Prüfungsschema für den Aufgabe-Lösungs-Ansatz sieht wie folgt aus:

1. Schritt: Identifikation des nSdT

DX ist nächstliegender SdT, da DX – ebenso wie der Gegenstand von Anspruch 1 (siehe Absatz [0003] von AX) – [Beschreibung des technischen Gebiets] betrifft […]

2. Schritt: Offenbarung der Anlage

Offenbarung von DX    

DX offenbart […siehe z.B. Bescheid…].

 3. Schritt: Unterschied zur PA

Unterscheidungsmerkmal

Anspruch 1 unterscheidet sich von [Gegenstand] nach DX dadurch, dass … [Unterschiede].

4. Schritt: Technischer Effekt der Unterschiede

Wirkung

Dies bewirkt den Effekt, dass […] [genaues Zitat der Wirkung nicht vergessen!]

5. Schritt: Die „objektiv zu lösende Aufgabe“

Aufgabe

Die objektiv zu lösende Aufgabe war es also, […].

6. Schritt: Naheliegen

Naheliegen

Zur Lösung der Aufgabe hätte der Fachmann zunächst DX selbst nichts entnommen, dass […].

DX selbst hätte den Fachmann also nicht motiviert […]

Auf der Suche nach einem geeigneten […] hätte der Fachmann auch nicht DY zu Rate gezogen.

DY befasst sich vielmehr mit [Technische Aufgabe].

Der DY hätte der Fachmann daher nicht die Lösung entnehmen können.

7. Schritt: „could-would“

Der Fachmann würde auch nicht DX mit DY kombinierten, da ….

Da DY keine Lehre enthält, die dem Fachmann einen Hinweis auf die Lösung der oben definierten Aufgabe gibt, … .

8. Schlusssatz

Da der Fachmann zur Lösung der Aufgabe AX mit AY nicht kombiniert hätte [oder] nicht naheliegend zum Gegenstand von Anspruch 1 gelangt wäre, beruht Anspruch 1 auf einer erfinderischen Tätigkeit, Art. 100 a), 52 (1), 56 EPÜ.

11. Schreiben der Beschreibung: Anträge

Nun schreiben wir noch die Anträge, z.B.:

Anträge

Es wird beantragt, die geänderten Ansprüche 1-9 der weiteren Prüfung zugrunde zu legen.

[Optional: zB.: Bei einem Hinweis in Mandantenschreiben auf ein eiliges Verfahren]:

Des Weiteren wird ein Antrag auf beschleunigte Prüfung gemäß dem PACE-Programm gestellt (Abl. 2007, S. 3, F.1).

Anlagen:

Neue Ansprüche 1-9

12. Endkontrolle

In der Endkontrolle sortieren wir alle Blätter und gehen wir nochmals unsere Unterlagen durch:

  • Haben wir alle Hinweise des Mandanten und des Prüfers bearbeitet?
  • Haben wir alle wichtigen Markierungen mit Hinweisen auf besonders schützenswerte Merkmale (so gut wie möglich) geschützt?
  • Sind noch irgendwelche Fragen offen?

Wenn alles in Ordnung ist, dann nummerieren wir noch unsere Seiten mit einem dokumentenechten Stift (nach dem Schema [Seitenzahl]/[Gesamtzahl]) und geben alles ab!

Viel Erfolg!